Brainspotting bewirkt durch das „nach Außen schauen“ ein kontrolliertes „nach Innen schauen“. In Achtsamkeit schaut der Klient auf einen Punkt (meistens bestimmt durch einen Teleskopstab, den der Therapeut führt) und erlebt gleichzeitig, in seinem Inneren, einen Prozess der Verarbeitung.
Der Zeigestab, auf den der Klient schaut, ist, neben der emphatischen Begleitung durch den Therapeuten („dual attunement“), eine weitere Ressource, ein „Anker im Hier und Jetzt“. Der Klient erlebt ein effizientes, sehr kontrolliertes Eintauchen in sein eigenes Erleben. Die Gefahr einer Überflutung durch emotional stark geladene Erinnerungen ist im Brainspotting als sehr gering anzusehen. Dadurch ist Brainspotting hervorragend geeignet zur Verarbeitung von traumatischen Erfahrungen und hat in diesem Bereich sein primäres Anwendungsfeld.
Die Blickrichtung des Klienten fungiert sozusagen als ein „emotionaler Schieberegler“. Bestimmt durch die Blickrichtung ergibt sich ein Brainspot, auf dem die Aktivierung der Erfahrung besonders klar ist (Aktivierungs-Brainspot), gleichzeitig gibt es auch einen (wieder durch die Blickrichtung bestimmten) Ressourcen-Brainspot, der einen inneren Abstand von der Erfahrung ermöglicht und auf den, wenn für den Klienten notwendig, jederzeit gewechselt werden kann. Hierdurch wird eine sehr schonende Verarbeitung stark belastender Themen möglich.
Brainspotting ist jedoch nicht beschränkt auf traumatherapeutische Arbeit und kann auch sehr effizient bei anderen Themen angewandt werden. Mittlerweile wird es auch erfolgreich zur Leistungssteigerung eingesetzt (z.B. bei Leistungssportlern), bei Versagens- und Prüfungsängsten und z.B. auch im Schauspielcoaching – hier zur besseren Identifikation mit einer Rolle, indem der passende Brainspot zur Rolle gefunden wird.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt im Brainspotting liegt in der Haltung des Therapeuten gegenüber dem begleiteten Prozess. Der Therapeut begleitet den Klienten in einer achtsamen, dem Prozess folgenden Haltung (Attunement). Er unterstützt vor allem durch seine einfühlsame Präsenz und führt nicht, oder nur da, wo eine Führung unerlässlich ist. Brainspotting fundiert auf einem tiefen Vertrauen in das Selbstregulationspotential des Gehirns innerhalb des Settings des Brainspotting Prozesses.
Brainspotting wurde von dem New Yorker Psychoanalytiker David Grand aus dem EMDR heraus entwickelt. Brainspotting bietet jedoch erfahrungsgemäß eine tiefere und zugleich kontrollierbarere Verarbeitung als EMDR. Die Gefahr einer „Überflutung“ des Klienten ist als relativ gering einzustufen.
Eine Erklärungshypothese zur Wirkung von Brainspotting finden Sie in folgendem Artikel von Frank Corrigan und David Grand. Der Original-Artikel ist 2013 bei medical hypotheses erschienen.
Brainspotting: Recruiting the midbrain for accessing and healing sensorimotor memories of traumatic activation.
Die Fortbildung „Traumatherapie mit Brainspotting nach David Grand“ wird an der Akademie für integrative Traumatherapie in ingesamt 6 Tagen vermittelt. Diese verteilen sich auf 2 Wochenenden zu je drei Tagen. Es wird empfohlen, nach einer Übungsphase mit den Klient:innen abschliessend zusätzlich am Supervisions- und Praxisseminar teilzunehmen. Für die Teilnehmer:innen des Curriculums ist dies verpflichtend.